Kreuzband Operation – Direkt von der Piste in OP

By Katrin Glunk

März 31, 2014


Etwa 4,2 Millionen Deutsche fahren Alpin-Ski und 2,2 Millionen genießen das winterliche Fahrvergnügen mit dem Snowboard. Entsprechend stark beschäftigt sind Rettungskräfte, Unfallchirurgen und Sportmediziner in den Alpen. Für die Kliniken, nahe den Skipisten, sind die Knieoperation ein gutes Zusatzgeschäft.

Alpines Skifahren ist Kniefahren

Beim Snowboardern sind am häufigsten die oberen Extremitäten betroffen – das ramponierte Handgelenk dicht gefolgt von der Schulterverletzung. Hingegen dominiert das Kniegelenk beim alpinen Skisport, mehr als ein Drittel der Verletzungen betrifft das Knie, wobei Frauen sich häufiger verletzten als Männer. Die meisten Wintersportler reißen sich das vordere Kreuzband und die Innenbänder. Knochenbrüche des Unterschenkels oder des Schienbeinkopfes (Tibiakopf-Fraktur) entstehen durch übermäßige Knieverdrehungen, den sogenannten Rotationstraumen. Eine typische Verletzungssituation für einen vorderen Kreuzbandriss (Kreuzbandruptur) im Skisport zeigt dieser Artikel. In fast 90% ist der Sturz selber die Unfallursache, bei Personenkollisionen verletzten sich weniger als 10% der Skifahrer.

Von der Piste in den OP-Saal

Vor allem die Privatkliniken in den Skigebieten von Österreich sind mit dem Operieren schnell. Dort wird der Kreuzbandriss im Vergleich mit Deutschland am häufigsten sofort operiert. Insgesamt gibt es zwei Zeitfenster für eine vordere Kreuzband Operation: Die ersten vier bis sechs Tage direkt nach dem Unfall oder – im Anschluss an die Abheilungsphase, nach etwa sechs Wochen.

Kreuzbandriss in den österreichischen Alpen – ein Blogleser berichtet

Anfang März riss mein linkes vorderes Kreuzband bei einem selbst verschuldenden Sturz im Skiurlaub. Gleich am ersten Tag – ich war etwa 2,5 Stunden mit meinen nagelneuen Ski unterwegs. Wahrscheinlich war mein Fahrvermögen nicht ausreichend an die neuen Skier adaptiert. Die Folge des Sturzes waren mäßige Schmerzen im Knie, keinerlei Kraft mehr zur Skiführung und eine schwache Schwellung im verletzten Knie.

Sofort weg mit den Skiern, nichts mehr riskieren und zurück in die Ferienwohnung – waren die ersten Gedanken. Meine Frau fuhr mit dem Auto und ich kühlte mit den Kaltkompressen. Zunächst dachte ich nur an eine Zerrung der Bänder, denn das Kniegelenk belasten, funktionierte einigermaßen gut.

Kreuzband Operation sofort nach dem Skiunfall
Kreuzband Operation sofort nach dem Skiunfall | Foto: Rainer.Sturm/ pixelio.de

Als am nächsten Morgen trotz Hochlegen die Schmerzen nicht nachließen, machten wir uns auf den Weg in eine private Unfallklinik in den Bergen. Dort wurde nach Röntgen- und unfallärztlichen Tastbefund (zu 95% vordere Kreuzbandruptur) eine zusätzliche MRT-Untersuchung für 570 EUR angeboten, der ich gerne einwilligte. Die erschütternde Diagnose: Vordere Kreuzbandruptur – glücklicherweise keine Meniskusverletzung oder verletzte Seitenbänder. Ausschlaggebend für die schnelle Kreuzband Operation vor Ort, war die dort vorhandene Routine.

Am gleichen Tag lag ich noch auf dem OP Tisch. Die Auslandskrankenversicherung übernahm in meinem Fall, die Kosten von ca. 7500,- EUR.

Die Knieoperation verlief komplikationslos: Semitendinosus/ Gracilissehne dienten als vordere Kreuzbandplastik. Entlassung am 2. Tag nach der Kreuzband Operation. Der Skiurlaub war für mich gelaufen – Parallel zu meinem Klinikaufenthalt organisierte meine Frau die optimale Nachbehandlung in Deutschland.

Nachbehandlungsplan: 2mal Physiotherapie und Lymphdrainage pro Woche, von Anfang an erlaubte freie Beweglichkeit bis zum Schmerzpunkt, keine Knieorthese, tägliche Thromboseprophylaxe, Schmerzmedikamente und Magenschutz sowie Antithrombosestrümpfe. Fäden ziehen nach 15 Tagen. Mit diesen Informationen machten wir uns auf die lange Heimreise.

Nach 21 Tagen liegt meine Beugung bei etwa 90 Grad, Gehen von kurzen Strecken (bis 500 Meter) sind ohne Gehilfen möglich, danach kommt das Hinken. Insgesamt bin ich mit meinem Heilungsverlauf soweit sehr zufrieden.

Nachtrag nach 34 Tagen: Durchstreckung weiterhin nur mit leichten Schmerzen möglich, Beugung geht „kalt“ bis ca. 75 Grad, nach Knie-Übungen bis etwa 90 Grad.

Risiko Kostenübernahme der vorderen Kreuzband OP

Die gesetzliche Krankenkasse zahlt im europäischen Ausland lediglich die Behandlungskosten nach deutschem Tarif. Oft liegen die Tarife im Ausland aber höher. Die Differenz muss der Patient selber bezahlen. Auch Mehrkosten für die Bergrettung oder den Rücktransport des Verletzten nach Deutschland ersetzt die deutsche Kassenversicherung nicht. Unbedingt ist eine zusätzliche Auslandsreisekrankenversicherung vor dem Skiurlaub abzuschließen. Sie übernimmt die Mehrkosten – etwa für einen Krankenrücktransport. Die Bergungskosten (z.B. mit dem Helikopter) müssen oft zusätzlich über eine private Unfallversicherung abgedeckt werden. Eine Auslandsreisekrankenversicherung kostet pro Jahr nur einige Euro. Sie darf im Skigepäck nicht fehlen!

Kostenübernahme liegt im Briefkasten

Bis die schriftliche Kostenübernahmeerklärung der Auslandskrankenversicherung schriftlich eintrifft, vergehen oft mehrere Tage. Für ein Kreuzband Operation im Skigebiet zu spät. Deshalb unbedingt vor dem Antritt in ein Krankenhaus klären, ob die Operationskosten für eine nicht-lebensbedrohliche Knieoperation, vor allem in einer Privatklink übernommen werden. Bei der Auswahl einer Auslandskrankenversicherung in den AGBs die Bestimmungen für eine Operation im Ausland gut durchlesen, z.B. das vor Ort praktizierte Fachwissen ist ausschlaggebend – und nicht die in Deutschland vorherrschende Meinung: „erst Abheilen lassen – und später, wenn die Beweglichkeit wieder da ist, eine Kreuzband Operation“. 

Knackpunkt Gewinn und Nachbetreuung nach Kreuzband Operation

Problematisch wird es, wenn am Heimatort keine optimale Nachbetreuung stattfindet. Die Hälfte des Erfolgs macht die Kreuzband Operation aus – den Rest die gute Nachbehandlung.

Es gibt Kniechirurgen und Ärzte, selber schon erlebt, die eine alleinige Nachbetreuung ablehnen, weil sie die Erfolgsaussichten schlechter einschätzen können – ein weiteres Problem stellen die unterschiedlichen Nachbehandlungspläne dar. Doch besonders schwierig wird es für den Patienten, wenn Komplikationen auftreten. „Gehen Sie doch zum Operateur!“ Schwierig, wenn dieser hunderte Kilometer entfernt praktiziert – und die Schmerzen den Transport kaum zulassen. Davor gewappnet ist der Patient allerdings auch im Inland nicht – manchmal ist der Weg zum Kniespezialisten eben weit.

Die Kniechirurgen im Ausland gezielt nach den Nachteilen einer sofortigen Kreuzband Operation (inkl. Heimtransport) fragen – „Bei unseren beiden Aufnahmegesprächen (meine Frau wurde auch schon nach einem Skiunfall am Kreuzband operiert) wurden hauptsächlich die Vorteile einer sofortigen Kreuzband Operation hervorgehoben („machen wir jeden Tag“), die Risiken leider heruntergespielt („es kann natürlich immer was schiefgehen, sie fahren doch auch Auto, oder?…“). Über die durchaus häufige Komplikation der Arthrofibrose wurde ich z.B. erst durch Ihren Blog-Eintrag informiert.“

Mehr Kreuzbandriss Routine geht fast nicht

Wer sich für eine schnelle Kreuzband Operation im Skigebiet entschiedet hat sicherlich gute Gründe. Der größte Vorteil liegt mit Sicherheit in der täglichen OP-Routine und der Zeitersparnis, was insbesondere für Selbständige nicht unerheblich ist. Am besten alle notwendigen Termine für Physiotherapie und Nachbehandlung vom Krankenbett aus regeln – dann gut versorgt in die Kreuzbandriss Reha starten.

Tipp: Krankmeldung im Urlaub – Sonderfall für die Meldung der Arbeitsunfähigkeit nach Kreuzbandriss.

Vorbeugen ist besser als Kniefahren

Tipps zur Risikominimierung beim alpinen Skisport:

    • Fitness: Funktionelles Training verbessert die Kraft, die Rumpfstabilität sowie die Kraftausdauer.
    • Fahrtempo anpassen.
    • Die Skiausrüstung und die Bindung durch den Fachmann kontrollieren lassen: 35% der Skibindungen befinden sich (laut der Studie des österreichischen Skiverbandes) außerhalb der Sicherheitsbedingungen.
    • Erhalt der Konzentrationsfähigkeit und physischen Fähigkeiten durch ausreichende Energiezufuhr.
    • Genügend Trinken, insbesondere in höheren Lagen.
    • Kein Alkohol.
    • Ermüdungsanzeichen beachten und Pausen zur Erholung einlegen.
    • Vor der ersten Abfahrt oder nach längeren Pausen aufwärmen.
    • Eispisten und Pisten mit aufgeweichtem Schnee (spätnachmittags) ebenso wie überfüllte Pisten meiden.
    • Fahren nur auf freigegebenen und präparierten Pisten.
    • Sehleistung kontrollieren lassen, die vorhandene Sehhilfe auch beim Skifahren tragen.
    • Orthesen und Schutzkleidung tragen
    • Richtiges Mindset entwickeln für die Rückkehr zum Skifahren nach dem Kreuzbandriss.
Über die Autorin

Dipl. Psychologin Katrin Glunk | Personal Coach, Fitness- und Reha-Trainerin.

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