Erfahrungen nach Kreuzbandriss OP – 5 häufige Irrtümer (1)

By Katrin Glunk

März 23, 2014


Die großen zehn Irrtümer oder Mythen nach einer Kreuzbandruptur. Erfahrungen nach Kreuzbandriss OP abseits des Hochglanzprospektes der orthopädischen Kliniken oder deren werbewirksamen Internetauftritt. Der Artikel stellt zusammen – was Ärzte dem Patienten im Vorfeld einer Kreuzbandriss OP leider oft nicht deutlich genug machen.

Erfahrungen nach Kreuzbandriss OP – die erste Kreuzbandplastik

Zugegebenermaßen zum Zeitpunkt meiner ersten Kreuzband OP war ich aus heutiger Sicht naiv. Ich habe die Anweisungen von Ärzten oder Physiotherapeuten nicht hinterfragt. Das vorgegebene Nachbehandlungsschema des Chirurgen war der Leitfaden – quasi die Bibel für eine erfolgreiche Kreuzbandriss Reha.

Was ich damals zu wenig beachtet habe, war mein inneres Körpergefühl – die Interpretation der Kniereaktion auf den Alltag und die sportlichen Belastungen. Stillschweigend ging ich davon aus, dass es den ultimativen Plan für eine erfolgreiche Knie Reha gibt. Heute, fünf Jahre später und viele Knieoperationen „reicher“, empfinde und handle ich anders.

Irrtum Nr. 1 – Routine OP bedeutet nicht schnelle Genesung

Es ist kein Mythos – es gibt sie wirklich: Patienten, die nach drei Wochen Teilbelastung völlig problemlos ihre Gehstützen weglegen und davon spazieren. Kaum ein Hinken, wenig Muskelschwäche und nahezu kein Ìnstabilitätsgefühl. Doch das ist die Ausnahme – die Realität sieht anders aus: Die meisten Patienten benötigen mehrere Wochen bis der fließende Gang wiederhergestellt ist. Das Kniegelenk reagiert noch lange mit Schwellung auf permanentes Stehen und Gehen. Die Belastungsfähigkeit muss im stundenlangen Training mühsam zurück „erkämpft“ werden. Bis sich der Muskel im betroffenen Bein wieder vollständig aufgebaut hat, vergehen nicht selten acht bis zwölf Monate. Eine schnelle Heilung sieht anders aus.

Erfahrungen nach Kreuzbandriss OP- Schmerzen
Erfahrungen nach Kreuzbandriss OP – Schmerzen | Foto: knie-marathon.de

Irrtum Nr. 2 – Keine Schmerzen nach Kreuzbandriss OP gibt es nicht

Immer wieder berichten Patienten, dass sie keine Schmerzen nach der Kreuzbandriss Operation hatten. Das ist mit Sicherheit falsch – sie durften von einer optimalen Schmerztherapie profitieren und haben dadurch keine oder kaum Schmerzen gefühlt.

Die Schmerzmittel blockieren im Gehirn die Schmerzwahrnehmung – der Schmerz ist mit Sicherheit da, nur er wird nicht wahrgenommen. Schließlich bohrt der Chirurg Löcher in den Knochen, setzt Hammer und Meisel an und reißt ein Sehnenstück aus dem Muskelansatz. Aua! – sagt der normale Menschenverstand.

Die Kreuzband OP verursacht in den ersten zwei Tagen Schmerzen – ziemlich heftige sogar. Nach etwa drei Tagen lässt der akute Schmerz nach. Häufig bereiten die Stelle der Sehnenentnahme und ggf. größere Hämatome (Blutergüsse) noch länger Probleme. Für die heftigen Schmerzen kurz nach der Kreuzband Operation gibt es wirksame Schmerzmittel – leiden muss der Patient nicht, höchstens unter den Nebenwirkungen.

Irrtum Nr. 3 – Viel trainieren, hilft viel

Am Anfang ist Schonzeit – erst wenn der Akutschmerz abgeklungen ist – kann gezielt mit isometrischen Übungen begonnen werden. Alles zusätzlichen Übungen und versuche die Muskulatur vor dem „Schmelzen“ zu retten, führen oft zu einer Irritationen im Knie und zögern den Trainingsbeginn hinaus. Zu einem späteren Zeitpunkt der Kreuzbandriss Reha (Trainingstherapie) muss sich der Patient im Klaren sein, dass der Aufbau von Muskulatur gewissen genetischen Grenzen unterworfen ist. Ein Mehr an Training hilft nicht – es schadet nur. Die Trainingslehre bezeichnet die Leistungssteigerung von Kraft und Ausdauer als Superkompensation. Sie ist die Erklärung dafür, warum eine bestimmte Leistung, die anfangs als anstrengend empfunden wird, bei regelmäßigem Training subjektiv immer einfacher wird:

Das Prinzip der Superkompensation besagt, dass der menschliche Körper nach einer Trainingsbelastung nicht nur die Bereitschaft zur Erbringung des gleichen Leistungsniveaus wiederherstellt, sondern im Verlaufe der Erholung (Regeneration) die Leistungsfähigkeit über das ursprüngliche Niveau hinaus steigert und über einen bestimmten Zeitraum auf diesem Niveau hält – der Fortschritt.

Wird das höhere Leistungsniveau für eine neue Trainingseinheit genutzt, kommt es zu einer kontinuierlichen, aber nach oben begrenzten Leistungssteigerung. Ist die Regenerationsphase zwischen Trainingsbelastungen zu groß, geht der Trainingseffekt wieder verloren. Wird hingegen zu viel oder/und zu intensiv trainiert, hat der Körper nicht genügend Zeit zur Regeneration und das Leistungsniveau sinkt ab – das sogenannte Übertraining. Während der wichtigen Erholungsphase füllt der Körper die ausgeschöpften Energiereservoire wieder auf und gleichzeigt erfolgt ein Aufbau von Energiepotentialen, über das ursprüngliche Ausgangsniveau hinaus, was wiederum zur Leistungssteigerung führt. Wobei sich die Energiebereitstellungssysteme im Muskel in der benötigten Regenerationszeit unterscheiden. Die Wiederherstellung des schnellen Energieträgers Kreatinphosphat dauert nur etwa drei Minuten, die Auffüllung der Kohlenhydratspeicher (Glykogen) wird, abhängig von der Dauer- und Intensität der Belastung, erst nach mehreren Tagen Regeneration erreicht. Nach Extrembelastungen, wie z. B. Marathonlauf kann es Wochen dauern, bis der Muskel in seiner Zellstruktur wieder hergestellt ist.

Irrtum Nr. 4 – Nachbehandlungsschema ist das Soll

Das Nachbehandlungsschema der Chirurgen ist keine Soll-Vorgabe. Es besagt, was ab diesem Zeitpunkt nach Einschätzung des Operateurs ohne Risiko an Bewegung oder Therapie möglich ist: Wer nach drei Wochen sein Knie noch nicht locker und schmerzfrei auf mindestens 90 Grad beugt, braucht sich nicht den Kopf darüber zerbrechen, wie er das Knie „hinbiegt“.

Hinzu kommt die Tatsache, dass es kein allgemein verbindliches Nachbehandlungsschema gibt – teilweise sind die Unterschiede sogar recht groß. Daran halten sollte sich der Patient auf jeden Fall – dem Zeitplan hinterherhinken ist aber kein Drama.

Irrtum Nr. 5 – Was ein Hochleistungssportler kann, geht auch bei mir

Das Vorbild für eine Rückkehr zum aktiven Sport sind nicht die Profisportler aus der Bundesliga. Die Hochleistungssportler unterliegen anderen Voraussetzungen als der normale Patient. Das fängt schon damit an, dass Leistungssportler wenige Tage nach der Kreuzbandverletzung operiert wird – ein Muskelabbau vor der Kreuzband OP findet kaum statt. Hinterher ist die Kreuzbandriss Reha viel intensiver, der Profisportler kann auf 24 Stunden Nachbehandlung zurückgreifen. Stets nach dem Grundsatz, dass Geld verdient der Verein und der Sportler nur auf dem Platz. Das beeinflusst schon mal das Risikoverhalten – der Umwandlungsprozess von der Sehne zum Kreuzband dauert auch beim Profisportler.

Hier geht es zum Teil 2 „Weitere 5 Irrtümer nach Kreuzbandriss-OP“.

Über die Autorin

Dipl. Psychologin Katrin Glunk | Personal Coach, Fitness- und Reha-Trainerin.

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