Knorpeltransplantation – Knie-Knorpel im Labor züchten

By Katrin Glunk

Januar 19, 2014


Bei der Knorpeltransplantation oder auch Knorpelzell- oder Chondrozyten- Transplantation handelt es sich um eine minimalinvasive OP-Technik im Kniegelenk. Die Knorpelzelltransplantation bringt den Knorpeldefekt mit Hilfe körpereigener Gelenkknorpelzellen zum Nachwachsen.

An der Stelle des ehemaligen Knorpelschadens wächst nach der Transplantation mit Knorpelzellen neues Knorpelgewebe und verschließt den Defekt langsam aber sicher. Da an der Stelle der Knorpelverletzung echtes Knorpelgewebe (hyaliner Knorpel) nachwächst ist eine Heilung von Knorpelschänden möglich. Bei allen andern Verfahren zur Behandlung von Knorpelschäden wächst eine Art von Knorpelersatzgebewebe (Faserknorpel) nach, dass qualitativ nicht dem Ausgangsknorpel entspricht.

Ziele der Transplantation mit Knorpelzellen

  • Schmerzreduktion im betroffenen Kniegelenk
  • Wiederherstellung der Belastbarkeit und Beweglichkeit im Knie
  • Wiederaufbau der Knorpelschicht in hochwertiger Qualität
  • ermeidung von Arthrose im Knie (Gonarthrose) oder Kniegelenk- Ersatz

Einsatz von Knorpeltransplantation

Die Knorpeltransplantation mit gezüchteten Knorpelzellen eignet sich hauptsächlich für jüngere Patienten unter 55 Jahre, bei denen ein frühes Stadium von Gelenkverschleiß im Knie vorliegt. Geeignet sind großflächige traumatische Knorpeldefekte bis 10 cm2 mit freiliegendem Knochen oder kleinere aber tiefe Knorpelschäden von 2-3 cm2 in der Hauptbelastungszone des Kniegelenkes.

Wichtig: Der Knorpel ist an einer umschriebenen Stelle des Gelenkes zwar stark geschädigt (siehe Grad 4) aber im übrigen Gelenk liegt kein wesentlicher Knorpelschaden vor, d.h. der Umgebungsknorpel ist intakt und tragfähig. Zudem sollten die Menisken und beide Kreuzbänder intakt sein, da diese den Knorpel entlasten. Auch spielt die Beinachse (X- oder O-Beine) eine Rolle, ggf. muss diese, falls nicht zu stark ausgeprägt, operativ mit korrigiert werden.

Bei Patienten mit stark ausgeprägter Kniearthrose ist die Knorpeltransplantation keine geeignete Operationsmethode. Auch bei alten Menschen oder Patienten mit schweren Allgemeinerkrankungen ist die Transplantation mit Knorpelzellen keine Möglichkeit zur Knorpelschaden Therapie. Hier müssen andere Maßnahmen der Behandlung von Knorpelschäden bzw. Arthrose erfolgen.

Die Darstellung und Beurteilung des Knorpelschadens erfolgt über eine MRT-Aufnahme.

Knorpelzüchtung = Autologe Chondrozyten-Transplantation (ACT)

Knorpeltransplantation im Knie - Knorpel züchten
Knorpeltransplantation im Knie – ACT | Foto: knie-marathon.de

ACT auch autologe Knorpelzelltransplantation oder autologe Chondrocyten-Implantation genannt, ist ein Verfahren zur Behandlung von Knorpelschäden mit gezüchteten Knorpelzellen.

Die Knorpeltransplantation ist eine OP-Technik, welche sich von den genannten Behandlungsmethoden im Artikel „Knorpelaufbau im Knie – Knorpelschaden Behandlung“ essentiell unterscheidet.

Bei dieser OP-Methode verwendet der Operateur keine Knochenmarksstammzellen zur Gewebeneubildung, sondern er transplantiert körpereigene Knorpelzellen, die zuvor arthroskopisch entnommen und gezüchtet wurden.

Knorpelzelltransplantation: ACT und ACT 3D

Bei der körpereigenen Knorpelzelltransplantation wird zwischen der Behandlungsmethode ACT und als Weiterentwicklung ACT 3D unterschieden:

Beim Verfahren ACT wird ein körpereigener Knochenhautlappen (Periost) wasserdicht auf den vorbereiteten Knorpeldefekt aufgenäht. Anschließend spritzt der Operateur in den entstandenen Hohlraum die gezüchteten Knorpelzellen. Diese Methode ist technisch aufwendig.

Beim ACT 3D Verfahren werden die Knorpelzellen im Labor zu winzigen dreidimensionalen Kügelchen zusammengefasst. In der Operation verbindet der Operateur diese Kügelchen mit dem Knochen im Bereich des Knorpeldefektes. Die Knorpelzellenkügelchen werden quasi „verklebt“, um sich dort weiter zu einer vollständigen Knorpelschicht auszubilden.

Vorteile und Nachteile von gezüchteten Knorpelzellen

Der große Vorteil der ACT- Verfahren ist gegenüber den anderen Behandlungsmöglichkeiten die hohe Gewebequalität, welche dem natürlichen Gelenkknorpel sehr nahe kommt.

Nachteilig an diesem Therapieverfahren ist die Notwendigkeit von zwei operativen Eingriffen, einer ersten Knieoperation zur Gewinnung der Zellen und einem zweiten arthroskopischen Eingriff zur Einbringung der im Labor gezüchteten Knorpelzellen. Zudem kommen die hohen Kosten für die Züchtung der Knorpelzellen im Labor.

Ablauf einer arthroskopischen Knorpeltransplantation

In der ersten Knie OP wird ein winzigstes, millimetergroßes Knorpelstück aus einem wenig belasteten Bereich des Kniegelenkes entnommen und zusammen mit einer Blutprobe in ein spezielles Labor geschickt.

Im Labor werden innerhalb von etwa fünf bis sieben Wochen im speziellen Zellkulturverfahren die Knorpelkügelchen hergestellt: Die Knorpelzellen werden gereinigt, gezüchtet und unter sterilen Bedingungen vermehrt – ohne Zusatz von Fremdstoffen.

Knorpeltransplantation im Knie - Knorpelzellen züchten
Knorpeltransplantation im Knie – ACT 3D | Foto: knie-marathon.de

Der zweite Eingriff erfolgt ebenfalls minimalinvasiv und dauert etwa 45Minuten je nach Defektgröße auch länger. Dabei entfernt der Operateur zunächst das geschädigte Knorpelgewebe  und verpflanzt die gezüchteten Knorpelzellen. Durch das spezielle Züchtungsverfahren haften die Knorpelzellen am Defekt an.

Auf natürliche Weise bildet sich mit der Zeit neues Knorpelgewebe, das sich mit dem vorhandenen gesunden Knorpel verbindet. Das implantierte Zellmaterial wird es vom Organismus nicht als Fremdkörper betrachtet. Der Ersatzknorpel verfügt über ähnliche biomechanische Eigenschaften wie der natürliche Knorpel. Am Ende der Therapie ist das Knorpelgewebe belastbar und mit einem gesunden Knorpel vergleichbar.

Nachbehandlung einer Knorpelzelltransplantation

Der Knorpel wächst im Kniegelenk nur sehr langsam nach. Deshalb ist eine sechswöchige Teilbelastung an Unterarmgehstützen nötig. In dieser Zeit ist es wichtig das Knie viel aber ohne Belastung (Diffusion) zubewegen. Neben Physiotherapie ist eine motorgetriebene Bewegungsschiene sinnvoll. Der Bewegungsumfang des Kniegelenkes wird allmählich gesteigert, so dass nach etwa sechs Wochen ein freier Bewegungsumfang möglich ist. Training auf dem Ergometer bzw. Standradfahren und Schwimmen ist ab der sechsten Woche erlaubt. Walken, Radfahren ab etwa 3 Monaten. Bis zum Joggen sollten mindestens sechs Monate vergehen. Gelenkbelastende Sportarten wie Fußball, Handball, Tennis, Skifahren („Stop and Go“-Sportarten) sind für etwa ein Jahr zu meiden.

Kosten oder Kostenübernahme der Knorpeltransplantation

In Deutschland erstatten viele gesetzliche Krankenkassen die Knorpeltransplantation im Knie. Ein Antrag ist jedoch notwendig. Bei Unfallversicherungen ist die Übernahme der Kosten im konkreten Fall abzusprechen. Bei der Privatversicherung entscheidet das individuelle Leistungspaket, so dass hierzu keine generelle Aussage möglich ist. Erfahrungsgemäß ist die Erstattung der Behandlung mit körpereigenen Knorpelzelltransplantaten durch private Versicherungen aber unproblematisch.

Wissenswertes über den Knorpelaufbau dessen Anatomie –Teil 1. Knorpelschaden im Knie operieren – Teil 2 stellt Folgen von unbehandelten Knorpelverletzungen und Diagnostik vor. Operativer Knorpelaufbau stellt die Behandlungenformen in Form von Knorpelersatzgewebe – Teil 3 dar.

>> Knie Marathon Podcast: In dem Interview unterhalte ich mich mit Dr. Julian Fürmetz über Knorpelschäden im Kniegelenk und deren OP Möglichkeiten.

Über die Autorin

Dipl. Psychologin Katrin Glunk | Personal Coach, Fitness- und Reha-Trainerin.

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